Pinker Salat und coole grüne Sauce

So schmeckt’s den Kids in der Kita Farbenland
Täglich frisch Gekochtes aus Bio-Zutaten und leckere Aufstriche statt Wurst und Marmelade: Die Boot-Kita Farbenland am Berliner Ostbahnhof hat zusammen mit der Kantine Zukunft ihr Speisenkonzept erneuert. Das Ergebnis macht Kinder, Eltern und das Team ziemlich glücklich.  
Mahlzeit in der Kita Farbenland

Der kleine Lemar hat großen Appetit: Schon zum dritten Mal geht er zum Mittagsbuffet in seiner Gruppe und lädt sich ein Falafel-Bällchen auf seinen Teller. Dazu gibt es heute einen Joghurt-Dip und Salat. Auch der kommt, wie der Falafel, in der „Blauen Gruppe“ der Kita ziemlich gut an.

Dabei ist so ein Eisbergsalat eigentlich kein Hit für Kids. Doch hier leuchtet er pinkfarben und schmeckt fruchtig: Das hauseigene Küchenteam hat ihn mit einem fruchtigen Beeren-Dressing aufgepeppt. „Beeren haben gerade ja keine Saison, aber sie sind im Sommer übrig geblieben und wir haben sie eingefroren. Mit denen bekommen wir unsere Kinder sogar dazu, Salat zu essen“, erklärt Leonardo Pereira Francisco. Er hat sein Handwerk in verschiedenen Hotelrestaurants gelernt, unter anderem an der Ostsee, in Berlin und in Neuseeland. Vor zweieinhalb Jahren kam er hierher. Zusammen mit seiner Kollegin und Beiköchin Anne Kröger bereitet er täglich rund 160 Portionen zu. Nahibar Matar steht den beiden als Spülkraft zur Seite. 

90
Prozent Biozutaten verwendet die Kita seit der Zusammenarbeit
„uns wurde nicht auf die Finger geschaut, sondern wir haben gemeinsam mit Ingmar überlegt, was wir besser machen können.“
Anne
Das Küchentrio: Leonardo, Nahibar und Anne

Eigenes Brot, leckere Aufstriche und frisch Gekochtes

Die Falafelbällchen werden frisch zubereitet

Los geht es täglich um sechs Uhr mit der Vorbereitung des Frühstücks. Das Brot wird selbst gebacken. Aus übrig gebliebenen Zutaten stellt man leckere Aufstriche von süß bis herzhaft her, außerdem gibt es selbstgemachtes, knuspriges Müsli. So hat man den einst täglichen Wurst-Käse-Aufschnitt auf einmal pro Woche reduziert. Ab acht Uhr wird das Mittagessen gekocht, meist vegetarisch. Einmal pro Woche kommen Fisch oder Fleisch ins Spiel, ein süßer Lunch à la Milchreis etwa zweimal im Monat. Auch fürs Vespern am Nachmittag denkt sich die Küche immer wieder neue Sachen aus – selbstgemachtes Knäckebrot oder eine Wie-Leberwurst aus Räuchertofu und Kidneybohnen zum Beispiel. 

„Ich koche, worauf ich selbst Lust habe“, sagt Leonardo, den alle hier nur Leo nennen. Am Vortag gab es ein Gemüsecurry mit Kichererbsen und Bulgur. Am Montag – hier wie in vielen Kitas der Pastatag – wurden Nudeln mit Zucchinisoße serviert. Nudeln sind ein Selbstläufer, und damit auch das Gemüse mundet, hat er, wie schon für sein pinkes Salatdressing, einen Kniff gefunden: Die Zucchini werden mit einem Pürierstab deutlich jenseits der Haushaltsgröße so lange püriert, bis sie eine Sauce in cooler grüner Farbe geworden sind. „Auf diese Weise nehmen unsere Kinder richtig viel Gemüse zu sich“, kann Katja Roth bestätigen, Erzieherin in der Kita-Gruppe. „Das Essen schmeckt den Kindern richtig gut. Und uns!“

Die Falafelbällchen sind außen schön kross und innen fluffig-weich. Man schmeckt die Kräuter und die frische Zitrusnote heraus. Leo und Anne haben die Kichererbsen am Vortag eingeweicht und am Morgen mit Petersilie, Minze, Schnittlauch, Frühlingszwiebeln und Koriander gewolft. Dazu kommen frischer Zitronen- und Limettenabrieb, Kreuzkümmel sowie Mehl, etwas Stärke und Backpulver. Die Masse wird mit dem Ausstecher portioniert und dann ausgebacken. Übrig bleibende Kichererbsen werden mit der Sesampaste Tahina gleich zu einem leckeren Hummus verarbeitet. Den gibt es an einem der nächsten Tage.

„Es war hier von Anfang an sehr offen, die Küche hat aus der Einrichtung viel Rückendeckung für das Projekt erhalten.“
Ingmar Peinemann
So stellt der Profi seine Vinaigrette her

Erfolgreiche Zusammenarbeit

Wie schmeckt's? Offensichtlich super!

Bevor man Anfang 2024 an der Kantinen-Werkstatt von Kantine Zukunft teilnahm, habe er sich über Kichererbsen und Hülsenfrüchte nicht viele Gedanken gemacht, erklärt Koch Leo. Überhaupt sei er erst einmal skeptisch gewesen, als sich ein Küchentrainer der Kantine Zukunft ankündigte. Seine Kollegin Anne hatte auch Vorbehalte. Kommt jetzt ein Kontrolleur mit Klemmbrett? „Doch wir waren schnell überzeugt“, berichtet sie, „uns wurde nämlich nicht auf die Finger geschaut, sondern wir haben gemeinsam mit Ingmar überlegt, was wir besser machen können.“ Küchentrainer Ingmar Peinemann ist wie Leo gelernter Koch, zudem studierter Foodmanager und systemischer Transformationsberater. Er erinnert sich mit Freude an die Zusammenarbeit: „Es war hier von Anfang an sehr offen, die Küche hat aus der Einrichtung viel Rückendeckung für das Projekt erhalten.“ Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Der Bio-Anteil, der vorher quasi keine Rolle spielte, liegt nun bei 90 Prozent. Hochverarbeitete Convenience-Produkte sind praktisch rausgeflogen, der Anteil unverarbeiteter pflanzlicher Rohstoffe sowie vegetarischer Gerichte hat die 60-Prozent-Marke locker geknackt. Die Auszeichnung von Kantine Zukunft hängt im Eingangsbereich der Kita.

„Wir haben früher geglaubt, dass wir uns Obst, Gemüse oder Fleisch in Bio-Qualität gar nicht leisten können“
Küchenchef Leo
Petersilie, Minze, Koriander: Gekocht wird auch mit frischen Kräutern

Das Budget wird sinnvoller verwendet

Auch die Älteren lieben Leos Küche

Ein höherer Bio-Anteil und mehr frisches, gesundes Essen sei schon länger ein Elternwunsch gewesen, erklärt Einrichtungsleiterin Julia Lauer. „Wir haben früher geglaubt, dass wir uns Obst, Gemüse oder Fleisch in Bio-Qualität gar nicht leisten können“, erklärt Leo. Kann man aber: „Wir bestellen heute weniger Ware und kommen besser mit ihr aus. Wir nutzen unser Budget viel sinnvoller.“ Teure Lebensmittelabfälle werden vermieden, indem Reste zu Aufstrichen oder Gemüsefonds verarbeitet werden oder übrig gebliebener Bulgur nicht in die Tonne wandert, sondern zum Salat für den nächsten Tag wird.

Bei aller Kreativität: „Das Wichtigste ist, dass es unseren Kindern schmeckt“, betont Kitaleiterin Julia Lauer. Nach den gesättigten Jüngsten der Blauen Gruppe, die sich zur Mittagsruhe in den Nebenraum zurückziehen, speisen nun die Älteren. Auch hier kommen die Falafelbällchen mit dem Joghurt-Dip und dem pinken Salat super an. „Falafel mag ich richtig gerne“, sagt Wiljo. Sein Tischnachbar Raphael isst am liebsten die Nudeln. Und Paprika, besonders die roten. „Für mich ist alles am leckersten“, ruft Alva. Und am allerleckersten? „Auch einfach alles!“ Ein großes Lob. Eltern, so erfahren wir zum Schluss, berichten dem Küchenteam immer wieder, dass es ihren Kindern in der Kita besser schmecke als zu Hause. „Wie macht ihr das?“, werden Leo und Anne oft gefragt. Vielleicht bieten sie ja bald Kochkurse für die Farbenland-Eltern an.

Binnen nur eines halben Jahres steigerte die Kita Farbenland ihren Bioanteil im Jahr 2024 von unter 10 auf rund 90 %. Die Kita nahe dem Berliner Ostbahnhof nahm als erste Einrichtung der Boot-Kitas Berlin an der Kantinen-Werkstatt teil, mittlerweile durchlaufen weitere das Programm.