

„Gutes Essen ist kompliziert“, sagt Hans Cela und lacht. Seit mittlerweile zehn Jahren kümmert sich der gelernte Koch als Betriebsleiter von GREENs unlimited im Berliner Olympiapark darum, dass über 4.000 Berliner Kinder und Jugendliche jeden Tag nicht nur ein warmes, sondern auch ein leckeres und abwechslungsreiches Essen bekommen. Hier, in der Mensa der Poelchau-Schule, werden rund 250 Schüler*innen und 50 Erwachsene versorgt – aus der Küche direkt auf den Teller.
Die Räumlichkeiten sind historisch, das kulinarische Konzept zeitgemäß: Wo früher britische Truppen, die in West-Berlin stationiert waren, erst Sport trieben und später aßen, futtern heute die Kids der Poelchau-Schule. Hier ist Sport das entscheidende Stichwort. Und das hat auch Auswirkungen auf den Speiseplan.
Es ist Freitag, und auf dem Menü stehen Leipziger Allerlei mit Kartoffeln und Nudeln mit Käsesoße. Dazu kommt ein reichhaltiges Salat-Buffet, an dem sich die Schüler*innen bedienen können. Zwölf Komponenten stehen hier zur Auswahl, der Berliner Standard liegt bei fünf. Ab 11.30 Uhr kommen die Kids, haben Hunger und nur begrenzte Zeit.

Neue Vorgaben, alte Gewohnheiten

Warum ist gutes Essen kompliziert? Hans Cela erklärt: „Eltern bestellen das Essen für ihre Kinder. Manchmal Monate im Voraus, manchmal nur Tage zuvor. Das macht den Wareneinkauf kompliziert. Wir sind dazu verpflichtet, einen bestimmten Anteil der Zutaten in Bio-Qualität anzubieten. Aber große Mengen davon lassen sich nicht über Nacht beschaffen. Wir arbeiten vornehmlich mit Erfahrungswerten. Wir sind mittlerweile bei 93 % Bio und haben entschieden, bestimmte Komponenten zu 100 % in dieser Qualität anzubieten. Obst und Gemüse zum Beispiel. Damit nehmen wir eine Vorreiterrolle ein – alles andere würde keinen Sinn machen. Das ist gut so.“
Gemeinsam mit Kantine Zukunft wurde diese Herangehensweise noch klarer ausgestaltet: Nicht nur Bio-Produkte bestimmen bei GREENs unlimited den Speiseplan – auch Regionalität und Saisonalität spielen eine immer größere Rolle. So hat sich das Angebot immer weiter verändert.
Einmal Fleisch pro Woche: Mehr wird vom Land Berlin mittlerweile in der Schulverpflegung nicht mehr erlaubt. Diese Umstellung war und ist „ein langer und schwieriger Weg. In den Schulen und Elterngremien ist immer noch zu wenig angekommen, dass das Essen auch Teil des pädagogischen Konzepts ist. Es wird nach wie vor zu wenig darüber gesprochen. Ich bekomme oft das Feedback, dass die Qualität nachgelassen habe. Auf Nachfrage heißt das: zu viel Gemüse. Die Kinder wollen mehr Fleisch, weniger Hülsenfrüchte. Das erfordert viel Kommunikation unsererseits“, sagt Cela.
Den Erwartungshaltungen treten Cela und sein Team – vier Köch*innen, drei Spüler*innen, vier Küchenhilfen, Fahrer*innen und Aushilfen – mit viel Kreativität entgegen. Mit Rezepten und Speisen, die allen schmecken, und dabei nachhaltig und gesund sind – trotz Kostendruck.

Geheimnis Mischkalkulation

„Natürlich ist ein Rindergulasch teurer als Nudeln mit Tomatensoße,“ sagt Cela. „Es geht um die Rezepte. Größer denken, Fertigprodukte weglassen. Was können wir selber herstellen? Ein gutes Beispiel ist Gemüsebrühe: Da kosten 12 Kilo gekörnt in Bioqualität rund 120 Euro. Gemeinsam mit Kantine Zukunft haben wir begonnen, Salzgemüse selber herzustellen. Damit halbieren sich die Kosten. Und es ist frisch.“
Einer, der dieses Konzept mit umsetzt, ist James Knipe. Der Brite ist seit 2012 in Berlin – und hat viel Erfahrung in der Gemeinschaftsgastronomie gesammelt: in Großbritannien, Australien und Dänemark. „Natürlich ist es etwas Besonderes, für Kinder zu kochen. Im Bildungssystem spielt auch das Essen eine große Rolle. Wir machen hier einen wichtigen Job.“ Knipe wollte „schon immer große Gruppen bewirten. Ich finde das spannend. Wie geht das? Und wie schmeckt es?“ Mit Currys zum Beispiel bringt Knipe Gerichte auf den Tisch, die es sonst in Berliner Schul-Mensen selten gibt.
Aber: Diese Gerichte sind nicht für jede und jeden geeignet. Damit wirklich alle satt werden, gibt es Menschen wie Fausto Bianchetti.
Der gebürtige Italiener ist seit über 20 Jahren in Berlin als Koch tätig. Nach vielen Jahren in der Sterne-Gastronomie spezialisierte er sich auf Allergie- bzw. Diät-Küche. Bei GREENs unlimited stellt Bianchetti sicher, dass auch Kinder mit Unverträglichkeiten mittags satt werden. Nach einer langen Schicht in der Küche berichtet er: „Heute haben wir eine Pasta al forno gemacht. Von diesem Gericht bereite ich zehn unterschiedliche Varianten zu. Es geht dabei auch um Gleichberechtigung. Wenn Pasta al forno, dann für alle – es soll kein Neid entstehen. Wir kochen also individuelle Varianten. Ohne Gluten hier, ohne Kuhmilch dort. Das ist eine Herausforderung. Aber die macht großen Spaß.“ Bianchetti arbeitet gemeinsam mit einem Kollegen in einem abgetrennten Bereich – so entstehen keine Verunreinigungen des Essens. „Ich habe hier meine Nische gefunden. Ich komme aus der Restaurantwelt und war mir anfangs nicht sicher, ob so eine große Küche das Richtige für mich ist. In der Diätküche kann ich wieder kleiner denken.“ Er sagt: „Für Kinder zu kochen, ist nicht einfach. Die kommen rein, riechen kurz und haben schon eine Meinung. Aber immer mehr Kinder wissen immer weniger über das Essen. Wir versuchen, das ein bisschen transparenter zu machen.“
Super lecker

Anna-Lena schmeckt es. Sie geht in die achte Klasse und kommt seit über einem Jahr jeden Tag hier essen. Die Handballerin beobachtet den Speisenplan sehr genau: „Es gibt immer weniger Fleisch – das ist auffällig. Ich mag Fleisch, es war mir aber früher manchmal auch einfach zu viel. Ich finde das jetzt super.“ Nicht nur die große Salatbar reißt es für sie raus, die für sie sehr wichtig ist. Generell spricht die Küche sie an: „Nudeln mit Tomatensoße. Da geht nichts drüber. Die Nudeln sind super. Richtig gesalzen, mit ein bisschen Öl. Das ist immer ein Highlight. Und natürlich die Salatbar. Die Auswahl ist top, die Dressings toll und sehr unterschiedlich. Am besten dann mit Croutons. Die Mischung macht es.“ Für Anna-Lena ist klar: „Ich will hier auch weiterhin essen. Wenn das Essen so bleibt.“
Und damit es nicht nur so bleibt, sondern immer besser wird, arbeiten Cela, Knipe, Bianchetti gemeinsam weiter an einer herausfordernden Aufgabe: Schülerinnen, Schülern und Kita-Kindern jeden Tag gutes, gesundes und leckeres Essen zu servieren. Für kleines Geld und großen Geschmack. „Das entwickelt sich langsam“, sagt Betriebsleiter Cela. „Vollkornnudeln zum Beispiel sind kein Problem mehr – die schmecken den Kids mittlerweile. Und auch bei den Desserts mit wenig Zucker sind wir auf dem richtigen Weg.“

Das Catering-Unternehmen GREENs unlimited produziert täglich mehr als 12.000 Mahlzeiten für Schüler*innen und Kita-Kinder an mehreren Standorten in Berlin. Gemeinsam mit Kantine Zukunft wurde der Speisenplan 2024 neu strukturiert und gestaltet. Ergebnis: 50 neue Gerichte und Rezepte und ein Bio-Anteil von 93 %.